Tag 36 bis 42
Unser Zeitgefühl lässt ein wenig nach. Wochentage sind irgendwie bedeutungslos, was bei längeren Reisen ja durchaus mal vorkommen kann. Nun ist das Ganze aber schon ein wenig fortgeschrittener, weshalb wir uns nicht immer sicher sind, welcher Monat gerade ist. Es fühlt sich ein wenig surreal an. In den Medien herrscht immer noch Pandemiestimmung. Die Zeitungen haben eigentlich keine wirklichen Neuigkeiten und füllen sich trozdem und hier im Nationalpark fühlt man sich irgendwie nicht betroffen. Zugegeben, fährt man zum Einkaufen über Land kommen einen zahlreiche Maskenträger entgegen, was hier scheints auch im Privatauto völlig normal ist. Darüber wird gerade noch in Deutschland lamentiert, hier ist es längst zur Realität geworden. Supermärkte entkeimen fleißig ihre Einkaufswägen und verteilen Handschuhe und Desinfektionsmittel am Ladeneingang. Sieht man genauer hin, wer die Wägen putzen darf, sind es die gleichen Menschen, die sonst in den Tomatenplantagen schuften dürfen. Vielleicht ist es doch nicht so surreal, wie es uns vorkommt, aber wir sind mit genau 4 Personen in einer Ansiedlung, weshalb unsere Wahrnehmung der Ereignisse natürlich alles andere als dem Durchschnitt entspricht. So vergehen die Tage und wir machen das Beste daraus. Abwarten und unserer freundlichen Gastgeberin im Garten und im Haus behilflich sein. Unser Kater hat dabei seine schönste Zeit, wenngleich er vorgestern die Bekanntschaft einer Wespe gemacht hat. Trotz dicker Backe war er nach einer halben Stunde schon wieder einsatzbereit und tollte mit seiner neuen Spielgefährtin, einer jungen Terrierdame, herum.
Tag 23 bis 35
Langsam stellt sich der Pandemie-Ausgansssperre-Alltag ein.
Wir 3 haben es uns hier jetzt sehr gut eingerichtet, sind abwechselnd im Bus und in der kleinen Ferienwohnung inkl. Garten und Hinterhof und Minho fühlt sich – genau wie wir – dort auch schon heimisch. Er kann rumsausen und lernt langsam die Bewohner kennen, vor allem die Katzen und den kleinen Hund Venus. Die anderen sind ihm immernoch unheimlich. Wir finden hier immer neue Beschäftigungen, haben schon einen Zaun repariert und gestrichen, Bretter angebracht, Mückennetze befestigt, ausgegrast, Palme geschnitten, Lampen gerichtet und so weiter. Es gibt immer was zu tun. Aber es bleibt auch immer genug Zeit zum Nichtstun, chillen, lesen (Team Sachbuch vs. Team Roman – Minho ist noch unentschlossen), ratschen, zum Spiele erfinden, für Spieleabende mit der Hausherrin, leckeres steirisches Essen und Es-sich-Gutgehen-lassen. Es regnet hier immernoch öfters und der Garten findets toll, es blüht allerorten, kleine kleinste und große Blüten in allen Farben, fast zu schade zum entfernen. Daneben wuseln Geckos herum und wenn man genau hinsieht, entdeckt man noch mehr Chamaeleonidae.
Tag 20, 21 und 22
Wir sind umgezogen! Vorgestern war der große Tag, wir haben nach mehr als eineinhalb Wochen unseren superschönen Platz hinter den Olivenbäumen verlassen und sind wenige Kilometer weiter in den kleinen Weiler gefahren. Jetzt stehen wir bei einer sehr netten Österreicherin im großen Grundstück und dürfen sogar noch Bad und Küche einer Ferienwohnung sowie die Waschmaschine benutzen. Was für ein Luxus nach 3 Wochen Regenwasserduschen! Wir haben dafür schon Hilfe im Garten geleistet, was uns nach der langen Ausgangssperre mit wenig Aktivität auch sehr gut tut. Es gibt hier 5 freundliche Hunde in allen Größen und Farben, unzählige verschmuste und wilde Katzen, kleine Gekos und die Schafs-/Ziegenherde zieht auch hier vorbei. Beim Heckeschneiden ist uns dann gleich noch ein weiteres „Haustier“ aufgefallen: Ein Chamäleon. Und da es nicht besonders bewegungsfreudig war, blieb sogar Zeit die Kamera zu holen. Minho findet die Hunde blöd, einzeln ok, aber zu fünft sind sie ihm einfach zu viel. Aber hinten im Garten gibt es einen geschlossenen Bereich mit einer Terasse, da dreht er jetzt immer seine Runden. Und wenn die Hunde Gassi gehen, tanzen die Katzen auf den Bäumen, oder so ähnlich;)
Tag 16, 17, 18 und 19
Im Westen nichts Neues. Einige – zumindest bei uns – relativ ereignislose Tage in der Botanik gehen zuende. Von strahlendem Sonnenschein bis hin zu Wind und Regen war wettertechnisch alles dabei. Unser Unterhaltungsprogramm hat sich dem angepasst, ein neues Spiel wird entwickelt, die Katze hardcorebespaßt, Spaziergänge mit ihr unternommen, ihr ein neuer großartiger Sitzplatz gebaut und fachmännisch mit Kabelbinder fixiert, Sternbilder analysiert, rum- und aufgeräumt, die Haare geschnitten, Rückenübungen gemacht, wilder Ruccola gesammelt (und gegessen), Fotos geknipst, wir lesen und entspannen viel im und um den Bus…
Morgen werden wir uns mal gen Zivilisation aufmachen, aber nicht weit. Wir wollen einkaufen fahren und dann können wir eventuell bei der netten ausgewanderten Österreicherin im Garten stehen. Mal sehen, vielleicht gibt es dann Neuigkeiten 😉
Tag 13, 14 und 15
Eigentlich hätten wir ja jetzt Zeit, aber ich habe mich jetzt 2 Tage einem Löffel gewidmet. Hier stehen alte und teilweise tote Olivenbäume. Mit einer Säge bewaffnet habe ich mir ein Stück abgesägt und mit einem einfachen Taschenmesser ging es los. Nachdem ich ihn noch geschliffen habe und wir ihn mit Olivenöl eingerieben haben, kam die Maserung voll zur Geltung. Ein tolles Holz! Naja, so geht der Tag halt dahin, wahrscheinlich war es in der Steinzeit im Winter so ähnlich. Außerdem zieht seit vorgestern eine Herde Schafe und Ziegen durch das Tal. Wir haben gelernt, wie ein Wiedehopf aussieht und auch sinnvolle Dinge getan, gewaschen – uns, die Wäsche, das Geschirr. Die Polizei war auch noch einmal hier und hat uns sehr freundlich gefragt, wie’s uns geht und ob wir genug zu essen haben, außerdem hat sie uns darauf hingewiesen, dass wir stehen bleiben können, solange die Vorräte reichen. Wenn wir einkaufen fahren, müssen wir uns einen neuen Platz dort in der Nähe suchen, da man hier momentan nicht ohne triftigen Grund herumfahren darf. Eventuell haben wir aber eine bessere Alternative. Wir haben gestern eine Österreicherin kennengelernt, die in La Eremita, dem nächsten klitzekleinen Dorf, wohnt und dort normalerweise Ferienhäuser/-wohnungen vermietet. Sie hat uns angeboten, dass wir uns auf ihren Grund stellen dürfen. Mal sehen, ob wir das machen… Der Kater hat endeckt, dass er auch aufs Auto kraxeln kann, juhu ein neuer Katzenspielplatz;)
Tag 11 und Tag 12
Zwei Wochen ohne Campingplatz sind kein Problem für uns. Seit heute müssen sowieso alle Urlauber jegliche Touristenunterkünfte verlassen, was uns natürlich auch noch blühen kann, wobei unsere Unterkunft ja sowieso in einer rechtlichen Grauzone liegt. Neben dem großen Ganzen haben wir die Tage für verschiedene Dinge verwendet, die auch mal sein müssen. Das gefilterte Regenwasser wurde für einen kleinen Waschtag verwendet und die nähere Umgebung gilt nun als erkundet. Es gibt hier Hirtenpfade, welche auf die gut 200 Meter hohen Klippen führen und eine großartige Aussicht zulassen. Dort oben wachsen die für die Region typischen robusten Gräser, welche früher einen Erwerbszweig der Landbevölkerung ergaben. Rosmarin wuchert an den Hängen und einige Spalten und Felsüberhänge dienen wohl noch heute teilweise als Schlafgelegenheit. Unsere Nachbarn sind laut, haben Warzen und es gibt viele Davon. Nein wir reden nicht von Zuhause, hier bevölkern Kröten ein nahegelegenes Feuchtbiotop.
Tag 10
Unser Kater will nicht raus. Es regnet in Strömen, der Feldweg hat sich zu Teilen in einen Rinnsal verwandelt und eindrucksvoll grollen ein paar Gewitter über uns. Manche Sturmböe wirbelt die Olivenzweige unserer Hecke ordentlich durcheinander, immerhin am späteren Nachmittag flaut das Wetter ein wenig ab. Da heißt es, gemütlich abwarten und essen. Unsere Versuche Regenwasser zu sammeln sind auch von großem Erfolg gekrönt. Alle Wannen und Eimer sind voll, eventuell können wir bald eine Mückenzucht aufmachen. Morgen soll wieder die Sonne rauskommen, mal sehen ob die Vorhersage richtig sein wird. Da wir seit ungefähr 3 Monaten keinen solchen Regen mehr hatten, war das für uns heute auch nicht sonderlich schlimm den Tag im Bus zu verbringen. Spannend allemal, da die Region hier nicht sonderlich für ihren Wasserreichtum bekannt ist. Nur gut 50 Kilometer entfernt, befindet sich schließlich die Wüste von Tabernas.
Tag 8 und 9
Unsere Zeit am Cabo de Gata ist zu Ende. Naja, zumindest ein bisschen. Gestern abend kam eine Gruppe junger Festivalbesucher, denen ihr Spektakel abgesagt wurde. Leider brachten sie im Schlepptau die Polizei mit, die schließlich auch uns belehrte, Übernachten im Nationalpark ist nicht erlaubt. Das wussten wir natürlich. Ihre Empfehlung: fahrt in die Stadt und stellt euch da auf einen Parkplatz. In Zeiten von Viren eigentlich keine gute Idee, aber wahrscheinlich wollten sie einfach wieder Ruhe in ihr Zuständigkeitsgebiet bringen. Nun ja, so ging es dann heute nochmal einkaufen. Die Spanier wirken nun auch angespannter, alle Verkäufer tragen Mundschutz, bleiben jedoch freundlich. Das Warenangebot war wieder randvoll gefüllt. Sogar kleine Fläschchen mit Desinfektionsmittel gab es zu kaufen. Da wir jedoch aus dem Altenpflegebereich einen halben Liter Desinfektionsmittel seit Oktober herumfahren, mussten wir diese Gelegenheit nicht nutzen. Vor dem Laden spielte noch ein Straßenmusiker, den allerdings unsere Polizeistreife schließlich vertrieb. Unser Plan war, ein wenig Abstand zu San José zu gewinnen, wiederum einen ruhigen, abgeschiedenen Platz zu finden, weshalb wir uns an eine Empfehlung eines befreundeten Campers hielten. Wir fuhren ungefähr 20 Kilometer gen Norden die Küste entlang und bogen schließlich von der Straße ab. Was dann folgte war weniger ein Weg. Mit einem Offroadfahrzeug hätte die Strecke sicherlich Freude bereitet. Wir waren etwas angespannt auf einem Wanderweg, der zwischen Flussbett und Feldweg angesiedelt ist zu fahren. Immerhin, es wurde einsamer und einsamer. Schließlich Sackgasse, unser Auto parkt nun hinter einer Olivenbaumhecke und ist schwer einsehbar. Trotzdem, wie es der Teufel will, abermals die Polizei. Diesmal kamen sie aber nicht wegen uns, sie inspizierten irgendeine Wasserversorgung in der Nähe und entdeckten uns per Zufall. Das Beste daran war jedoch die Aussage des Ordnungshüters. Don’t move. Stay here. Perfekt, etwas anderes wollten wir eh nicht. Wahrscheinlich sind wir die ersten, die in einem Nationalpark aufgefordert worden sind, abseits der Wege zu campieren. Jetzt quaken hier die Frösche, man hört das Meeresrauschen und den Wind in den Palmen. Morgen wird es wieder Regen geben, weshalb wir eine provisorische Zisterne errichtet haben. Wir haben jetzt zwar fast 100 Liter Trinkwasser, aber es schadet ja nicht, noch ein wenig mehr zu sammeln.
Tag 6 und 7
Zwei relativ ereignislose Tage liegen hinter uns. Das Wetter hat sich Ausgangssperrefreundlich gestaltet und bis heute nachmittag auf Regen umgestellt. Wir haben voll auf Survivalmodus gleich mal eine Zisterne gebaut und als das Wetter heute nachmittag plötzlich wieder großartig und sonnig wurde, haben wir das warme Regenwasser gleich zum Duschen und Haarewaschen genutzt. Jetzt sind wir wieder vorzeigbar. Die Polizei, die heute seit langem das erste Mal wieder vorbeikam, hat das aber wenig interessiert. Unseren Nachbarn haben sie gesagt, dass sie schon bleiben können, aber sich überlegen sollen, ob sie nicht nach Deutschland zurückfahren wollen. Das klingt immerhin mal nicht nach einem sofortigen Rausschmiss. Laut den deutschen Zeitungen schließen die Campingplätze in Spanien, wovon der spanische Nachbar jedoch nichts wusste. Wir sind hier recht Menschenkontaktlos und wenn man mit anderen spricht dann draußen und mit gebührendem Abstand. Noch wird uns zwei nicht langweilig, der Kater unterhält einen draußen wie drinnen und wir haben ja den ganzen Bus voll Spiele und kommen jetzt auch mal dazu zu zocken.
Tag 5
Der Sturm hat ein wenig nachgelassen, was wohl auch der Segler zur Weiterfahrt genutzt hat, aber die Wellen sind trotzdem noch relativ stark. Wir haben heute nicht viel vor. Spazierengehen, die Brise genießen. Wenngleich man bei jeder Zeitungsmeldung wieder in die Realität zurückgeholt wird. Hier und in unserer Situation erscheint die Krise aber ziemlich weit weg. Der Ziegenhirte mit seiner Herde kommt zurück. Sein Hund wird von den Hinterlassenschaften einiger Camper angelockt, deren Müll er näher inspiziert. Schließlich kommt ein anderer Camper auf den Parkplatz, baut sein Windsurfbrett zusammen und geht in die Wellen. Die Polizeiabsperrung interessiert ihn da wenig. Ich bin einige Zeit später nicht besser. Packe eine Flasche ein und gehe Salzwasser holen. Zum Abspülen und Kochen lässt sich das wunderbar verwenden und so sparen wir Trinkwasser. Ich nehme auch ein kurzes Bad am Meer, bin aber vorsichtig. Man merkt, dass bei dem Wetter die Brandung einen starken Sog hat. Zum Schwimmen lebensgefährlich, weshalb ich nur bis zu den Knöcheln ins Wasser gehe und mit der Flasche das Wasser über mich schütte. Später wird noch mit Süßwasser geduscht. Unser Solarsack hat trotz diesigem Wetter warmes Wasser gemacht. Mit 3 Litern und einer Waschschüssel ist zumindest die Sauberkeit wieder hergestellt.
Tag 4
Die Nacht war stürmisch. Laut Wetterbericht gab es Böen bis zu 60 Stundenkilometern, was unserem Kater nicht so gut gefiel. Wir stehen aber trotz Wassernähe an einem relativ guten Platz und sind Wind am Meer ja mittlerweile gewohnt. Ärger hat es da den Segler getroffen. Warum er eine Bucht gewählt hat, die vom Wind aus gesehen frontal getroffen wird, bleibt uns ein Rätsel. Er ankert jedenfalls immer noch und erlebt seit über 24 Stunden eine kleine Achterbahn. Wir haben auch vorerst nicht vor, uns hier wegzubewegen. Gerade versinkt Europa im Chaos. Rückreisestaus, Einreisestopps, Luftbrücken werden geschaffen. Panik allerorten, die auch zu uns dringt. Natürlich machen wir uns Gedanken, ob wir die Heimreise antreten sollen. Eventuell können offizielle Stellen die Lage klarer einordnen. Ein kurzer Anruf bei einem Honorarkonsul erbringt nichts. Die Leitung ist besetzt. Eine Webseite für Deutsche im Ausland, wo man sich auf einer Liste eintragen kann, nicht erreichbar. Unser Urteil über unsere Situation ist jedoch nach wie vor positiv. Kein Menschenkontakt, Abgeschiedenheit. Wenn uns die Polizei hier loswerden möchte, wäre sie sicherlich aufgetaucht. Heute hat sich jedoch niemand blicken lassen. Wahrscheinlich halten es die Behörden für unwahrscheinlich, dass bei dem eher stürmischen Wetter jemand die Ausgangssperre am Strand verletzt. Es wäre trotzdem schön, wenn die Sonne mal wieder rauskäme. Da duscht es sich draussen leichter, was zumindest für die nahe Zukunft eine der notwendigeren Tätigkeiten wäre.
Tag 3
Bereits morgens umrundet uns ein Polizeiauto, lässt uns aber weiter stehen. Schließlich starten wir in den Tag und fahren mit einer Mischung aus Neugier und Spannung die Landstraße nach San José. Da laufen Menschen, Autos fahren auch. Zumindest ein paar, wobei die Siedlung auch unter normalen Umständen relativ ausgestorben wäre, da sich einfach wenige Touristen im März in dieser Region aufhalten. Beim Rumfahren erblicken wir ein paar geöffnete Geschäfte, eine Gruppe Raucher hat sich zum Plausch an der Ecke getroffen. Die Spielplätze wurden mit Flatterband gesperrt. Im Laden angekommen sieht alles relativ normal aus. Die Regale sind voll, man erhält alles. Nudeln, Klopapier, Seife. Da biegt ein anderer Kunde um die Ecke. Mit seiner Gasmaske sieht er ein wenig apokalyptisch aus. Auch die Kassiererin hat Mundschutz. Der nächste Kunde normal. Wir decken uns ein, haben genügend Vorräte und insbesondere wieder genügend Trinkwasser. Wir beschließen zurückzufahren, allerdings eine Bucht näher an die Siedlung heran, da das Wetter heute Nacht leicht stürmisch wird und wir auf dem dortigen Platz ein wenig geschützter stehen können. Als wir ankommen steht dort ein anderes Wohnmobil vom Typ „Expeditionstruck“. Außerdem ankert in der Bucht ein Segler. Nachbarn sind nie verkehrt. Im Feld nebenan rührt sich etwas. Eine Ziege mit einem Neugeborenen. Die Herde ist zunächst nicht zu sehen. Schon vor einigen Tagen haben wir hier in der Gegend einen Ziegenhirten beobachtet, der mit seiner Herde über die Kegelberge vulkanischen Ursprungs wanderte. Wir beobachten die Situation, schließlich kommt die Herde zurück und das Junge wird zügig integriert. Bald sind die Ziegen nur noch weiße Kleckse in der Ferne. Der Tag endet wie er begann. Eine Streife Motoradpolizisten sieht kurz nach dem Rechten und fährt dann ins Gelände, ohne mit uns sprechen zu wollen. Wir sind wieder alleine und sehen auf das wippende Segelboot.
Tag 2
Es ist ruhig. Sehr ruhig. Das Meer rauscht, die Vögel schnattern im Wind und Wolke für Wolke zieht über uns hinweg. Da, ganz vereinzelt fallen Regentropfen. Schnell- Klamotten runter, rein in die Dusche. Naja, es war nur eine kleine Kätzchenwäsche, aber Süßwasser ist kostbar. Den restlichen Tag verbringen wir mit sinnvollen Dingen. Da war schließlich noch diese Hose mit dem Loch und die andere, gerissen beim Klettern. Schon seit Monaten wollten wir diese etwas in die Jahre gekommenen Kleidungsstücke flicken. Heute war so ein Tag, um Nadel und Faden zu holen und mit dem improvisierten Stopfei (Katzenspielzeug) ging es los. Plötzlich, Autolärm. Tatsächlich, die Polizei. Sie fahren an uns vorbei, werden langsamer, bremsen, geben wieder Gas. Ok, jetzt weiß wirklich jeder von den hier Zuständigen, dass wir hier sind. Angesprochen werden wir nicht, man lässt uns in Ruhe. Der Rest des Tages verläuft wieder ruhig. Unser Kater genießt es durch die Agaven zu jagen und im sandigen Boden zu buddeln. Nachdem wir noch mit Salzwasser abgespült haben, planen wir langsam den morgigen Tag. Wir werden versuchen mal einzukaufen. Nach wie vor ist unser Camper randvoll mit Nahrung, wir haben schon seit anbeginn der Reise gehamstert, wie wir feststellen. Pomeau aus der Bretagne, Polnisches Sauerkraut aus den Masuren und Sauerlacher Honig stellen gewisse Altbestände dar. Nur das mit dem Klopapier ist so eine Sache. Immerhin, hier gibt es Agaven und die bieten Sisal, fast schon perfekt, wenngleich es vielleicht nicht an das bunte Vierlagige heranreicht.
Tag 1 im Ausnahmezustand (16.03.2020)
50 Liter Wasser, Proviant für 2 Wochen, Gas für 2 Monate. Unsere Ausgangslage am Tag 1 der Ausgangssperre in Spanien könnte schlechter sein. Unser Campingfahrzeug ist zwar nicht von der Stange, aber dafür kennen wir jede Schraube und haben die Technik selbst eingebaut. Eventuell ein Vorteil, wenn man die Autarkie mal wirklich benötigt. Aktuell stehen wir auf einem verlassenen Parkplatz, 5 Kilometer von der nächsten Siedlung entfernt an einem Kap und sogar wir haben in dieser eher abgeschiedenen Ecke Spaniens mittlerweile von der grassierenden Coronaepidemie etwas mitbekommen. Die Polizei und die Nationalparkverwaltung fuhr schon mehrfach an uns vorbei, hat sich jedoch bislang nicht mit uns beschäftigt. Ihre bisherige Aufgabe war es wohl den Strand zu sperren. Hierzu wurden 5 Meter Absperrband und eine Rote Fahne installiert. In Spanien gilt nun immerhin Ausgangssperre. Praktisch bedeutet das, jeder darf sein Haus nur für sehr wichtige Dinge verlassen. Einkaufen, Tankstelle, Apotheke – mal in Kurzform. An den Strand gehen fällt da natürlich nicht darunter, was sich jedoch heute zumindest ein paar Menschen trotzdem erlaubt haben. Wir stecken da ein wenig in einer Zwickmühle. Hier lässt es sich einige Tage problemlos aushalten. Wir gehen niemanden auf die Nerven, haben keinerlei Kontakt zur Aussenwelt, wenn man mal das Internet außen vor lässt. Für das Überstehen einer Krise, wo ein Virus die Hauptrolle spielt zumindest ein guter Flecken Erde. Andererseits, irgendwann müssen auch wir wieder in die Zivilisation und Nahrung beschaffen oder irgendwie die Heimreise antreten. Auf Dauer hier fest zu hängen ist schließlich auch keine Lösung, aber man kann zumindest mal gefahrlos die Lage beobachten. Wie heißt es schließlich schon im „Handbuch für Anhalter durch die Galaxis“: Don’t Panic.